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Beikostreife. Sobald das Baby beginnt dem Löffel hinterherzuschauen fragen sich Eltern, ob ihr Baby schon reif für Beikost ist – doch reicht dieses Anzeichen schon aus bzw. woran erkennen sie, ob ihr Baby wirklich schon reif für Beikost ist?
Für die meisten Eltern ist die Beikosteinführung ein spannender Moment, der gerne mit einem „Meilenstein in der Entwicklung“ gleichgesetzt wird. Dass der Beikostbeginn einen so hohen Stellenwert hat liegt wohl auch daran, dass Bekannte und Verwandte immer wieder fragen „Und, kriegt er/sie schon was Gscheites?“ Aber auch Studien verunsichern Eltern, denn noch immer wird der Gedanke verbreitet, dass Stillkinder unter Eisenmangel leiden würden und daher früh andere Nahrung benötigen. So werden Kinder immer früher reif für Beikost – zumindest, wenn man den Herstellern glaubt. Da verwundert es nicht, dass sich Eltern viele Gedanken um den Beginn der Beikost machen – auch weil sie Angst davor haben, etwas falsch zu machen, ihrem Kind zu schaden oder zu verpassen, wann ihr Kind reif für Beikost ist. .
Zumindest die WHO bietet in diesem Wirrwarr eine Orientierungshilfe, die für alle Länder dieser Welt gilt:
„Exclusive breastfeeding is recommended up to 6 months of age, with continued breastfeeding along with appropriate complementary foods up to two years of age or beyond.“
Aber auch die nationale Stillkommission schließt sich dem an und bestärkt stillende Mütter darin, dass die Muttermilch (bzw. im Falle der Flaschennahrung die Pre-Nahrung) in den ersten sechs Monaten ausreicht und das Baby optimal versorgt, geht aber auch auf den Beikostbeginn ein:
„Ab wann ein Säugling zusätzlich Beikost benötigt, ergibt sich individuell in Abhängigkeit vom Gedeihen und der Essfähigkeit des Kindes. Beikost sollte in der Regel nicht später als zu Beginn des 7. Lebensmonats und keinesfalls vor dem Beginn des 5. Monats gegeben werden. Beikosteinführung bedeutet nicht Abstillen, sondern eine langsame Verminderung derMuttermilchmengen und Stillmahlzeiten. Mutter und Kind bestimmen gemeinsam, wann abgestillt wird. Diese Empfehlungen geben einen Rahmen vor. Sie sollten nicht schematisch angewendet werden.“
Was macht man aber nun, wenn das Baby schon mit 3 Monaten Interesse am Essen zeigt oder mit 9 Monaten noch gar nicht? Ist das ein „Problem“? Oder ist dieses Baby einfach früher oder später reif für Beikost?
Die Frage, wann der beste Zeitpunkt zum Beikostbeginn ist und wann dein Baby reif für Beikost ist, beantwortet dir am besten dein Kind. Denn dein Kind ist der (einzige!) Experte dafür. Während Nahrungsmittelhersteller einen Beginn mit Vollendung des vierten Monats propagieren, sind viele Kinder erst Monate später reif für Beikost. Das ist kein Grund zur Beunruhigung und auch kein Grund zur Annahme, man hätte etwas falsch gemacht. Eltern fühlen sich dadurch verunsichert und versuchen mit Druck, das Kind zum Essen zu bringen. Dabei sollte Essen Spaß machen und ein lustvolles Erlebnis sein, das alle Sinne anspricht. Ein Baby, das reif für Beikost ist, wird mitmachen und essen wollen.
Beikostreife: Ist mein Baby reif für Beikost?
Ein Baby, das mit 3 Monaten schon deutlich sabbert (womöglich der erste Zahn?), dem Essen mit 4 Monaten gierig hinterherschaut und alles in den Mund steckt – ist dieses Baby schon reif für Beikost? Nein. Es ist ein völlig normal entwickeltes Baby, das sich im fokussieren übt. Aufmerksamen Eltern wird nicht entgehen, dass ihr Kind sich ebenso bei Spielsachen verhält und nicht nur beim Essen – nur wird es hier gerne hinein interpretiert, weil man sich selbst mehr als das Kind darüber freut, dass es womöglich reif für Beikost ist.
Wir haben für dich eine Checkliste mit allen wichtigen Punkten zusammengestellt an denen du erkennst, dass dein Baby reif für Beikost ist:
Checkliste Anzeichen Beikostreife:
- Das Baby kann – mit minimaler Unterstützung im unteren Rücken – aufrecht sitzen
- Das Baby zeigt Interesse am Essen
- Das Baby macht Kaubewegungen während der Beobachtung
- Das Baby kann die Bewegung Hand-Mund koordinieren
- Das Baby sabbert viel (ein Zeichen, dass die Bauchspeicheldrüse ihre Arbeit aufgenommen hat und Amylase bildet – ein Enzym, das bisher in der Muttermilch vertreten war und dazu dient, Stärke abzubauen)
- Der Zungenstreckreflex, der das Essen aus dem Mund schiebt, ist abgeschwächt oder verschwunden
- Das Baby kann den Kopf halten
- Evtl. ist schon ein Zähnchen zu sehen
- Das Baby kann deutlich zeigen, wenn es satt ist
All diese Eigenschaften sind bei Kindern mit etwa 4-6 Monaten mehr oder weniger ausgeprägt vorhanden. Es zeigt uns aber auch, dass bereits Babys in der Lage sind, kleine Mengen an Beikost zu verdauen – auch das ist in der Natur so angelegt, um bei einer kurzen Geburtenfolge, die gar nicht so unüblich war und ist, das Überleben zu sichern, in dem ein wenig andere Nahrung zugefüttert werden kann. Aber eben nur ZUgefüttert und nicht als (Mutter-)Milchersatz. Auch beim Beikostbeginn können wir auf die Natur vertrauen: Ein Baby, das nicht reif für Beikost ist, wird auch nicht essen. Eine Orientierung an den 4-6 Monaten ausschließlich Milch ist ein guter Ansatz, es besteht aber auch kein Grund zu Panik, wenn mit 8 Monaten der Brei noch immer abgelehnt wird – das passiert sehr häufig und verursacht dennoch keine Unterversorgung. Jedes Baby wurde früher oder später reif für Beikost. Viel wichtiger ist es, die Bedürfnisse des Babys ernst zu nehmen, auf die Signale zu achten und so den richtigen Zeitpunkt zu finden. Vielleicht ist es dann auch eine Idee, Fingerfood statt Brei anzubieten.
Mein Kind will trotzdem nicht essen: Beikostreife adé?
Wenn ein Baby noch keine Beikost möchte und es diese ausspuckt, dann ist es vielleicht noch nicht so weit. Es hat die Beikostreife noch nicht erreicht. Steh dieser Tatsache gelassen gegenüber und probiere es zu einem späteren Zeitpunkt wieder. Wartet gemeinsam auf den richtigen Moment, damit das Essen auch Spaß macht. Jedes Baby erlangt früher oder später die Beikostreife.
Du kannst auch versuchen, dein Baby nicht zu füttern, sondern es selbst das Essen entdecken zu lassen. Lass dein Baby bei dir am Tisch sitzen und ruhig mit dem Essen experimentieren, es begreifen, es abzuschlecken. Die sinnliche Ebene spielt beim Essen eine große Rolle und natürlich auch dein Vorbild.
Immer wieder hören Eltern dann gerne den Tipp: Abwarten, das Baby weiß, was es braucht. Doch stimmt das wirklich? Dazu haben wir ein schönes Experiment von Dr. Clara Davis gefunden, das im September 1939 durchgeführt wurde: 15 vollgestillte Waisenkinder zwischen 6-11 Monate nahmen an diesem Experiment teil. Die Kinder durften aus 34 verschiedenen mundgerechten Lebensmittel ihren Speiseplan selbst zusammenstellen und auswählen, was sie essen möchten. Es gab 3 Mahlzeiten täglich mit je 10 verschiedenen Lebensmittel zur Auswahl.
Die Lebensmittel waren nicht gezuckert und nicht gesalzen, Gemüse wurde z.B. nur gedämpft. Bei jeder Mahlzeiten konnten sie aus 10 Lebensmittel frei wählen, die einander immer abwechselten – der Beginn von BLW? Eher nicht. Aber das Experiment hat gezeigt, dass keines der Kinder unterversorgt war, die Blutwerte waren toll, kein Kind war zu dick oder zu dünn. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Babys wissen, was ihnen gut tut, was sie brauchen und dass wir Eltern auf den Instinkt des Babys vertrauen dürfen. Nicht die Eltern entscheiden wann das Kind reif für Beikost ist, sondern das Kind entscheidet über die Beikostreife. Wichitg ist, dass das Baby aus gesunden Lebensmittel wählen darf und nicht aus einer Fastfood- oder Süßigkeitenpalette.
„Selfselection can have no, or but doubtful, value if the diet must be selected from inferior foods. Finally, by providing conditions under which appetite could function freely and beneficently as in animals and primitive peoples, theexperiment resolved the modern conflict between appetite and nutritional requirements. It eliminated anorexia and the eating problems that are the plague of feeding by the dosage method.“ Dr. Clara Davis
Beikostreife: Tipps zur Umstellung auf Beikost
Damit es mit der Beikosteinführung klappt, sind nicht nur die Anzeichen für die Beikostreife wichtig, sondern auch der richtige Zeitpunkt ist entscheidend: Traditionell wird der Mittagsbrei als erste Beikostmahlzeit empfohlen, es spricht aber auch nichts dagegen, mit der Vormittagsjause oder nachmittags zu beginnen.
- Das Baby sollte ausgeschlafen und wach sein – dann ist die Neugier und Bereitschaft für etwas Neues am größten.
- Warte nicht, bis dein Baby schreit vor Hunger. Dann ist es zu ungeduldig, um Neues zu probieren.
- Biete vor dem Essen eine kleine Milchmahlzeit an, damit der erste Hunger gestillt ist.
- Lass dein Baby experimentieren, kosten, abschlecken und begreifen – das gehört zum Beikostbeginn dazu und hat nichts mit schlechten Tischmanieren nach dem Motto „Mit dem Essen spielt man nicht“ zu tun.
- Sei ein Vorbild und iss mit deinem Baby gemeinsam an einem Tisch. So wird das Essen als ein familiäres Zusammenkommen erlebt und genau das wollen Babys: Am Leben ihrer Eltern teilhaben.
- Rechne damit, dass viel gekleckst wird: Daher eignen sich Ärmellätzchen und anderes Equipment für den Beikostbeginn: Auf diese Dinge solltest du nicht verzichten, wenn dein Baby zu essen beginnt
- Hab mit deinem Baby Geduld!
- Nicht zu viel Neues auf einmal, sondern lieber 2-3 Tage dieselbe Nahrung und dann wieder etwas Neues versuchen lassen.
- Koch für dein Baby frisch!
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