Entschuldigen Sie, aber dürfte mein Kind bei Ihnen die Toilette benutzen?

Kind auf Schemel
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Welcher Elternteil kennt diesen Satz nicht, sobald das Kind beginnt, sauber zu werden. Und wenn man denkt, dass ohnehin niemand einem kleinen Kind im Alter von 2-3 Jahren diesen Wunsch verwehren kann, der irrt.

Nach 7 Jahren Elternsein kann ich sagen….

…es gibt auch einfach Menschen, die vom Empathiekuchen kein Stück abbekommen haben. Zwar begegneten wir meist sehr zuvorkommenden Menschen oder der Charme meiner Kinder ließ sie dahinschmelzen. Meistens durften wir nach freundlicher Nachfrage die Toilette aufsuchen, auch, wenn sie nicht als Gästetoilette angeschrieben war. An dieser Stelle ein großes Danke allen familienfreundlichen Betrieben, die das Bedürfnis eines kleinen Menschen nach einer Toilette JETZT achten und nicht erwarten, dass es ruhig noch aufgeschoben werden könnte. Denn dazu sind Kinder zu Beginn des windelfreien Herumlaufens meist noch nicht fähig – und wenn, dann bleibt nur ein begrenztes Zeitfenster dafür.

Doch ich erinnere mich an eine Situation, über die ich im Nachhinein noch lange nachdachte, obwohl es sonst nicht meine Art ist, die Bedürfnisse meiner Kinder mit Skepsis zu betrachten. Ich nehme ihre Bedürfnisse wahr und versuche, ihnen gerecht zu werden. Und wenn mein Kind sagt: „Mama, ich muss pieseln“, dann ist es ganz klar, was es muss und möchte.

So war es auch, als wir mit Frau Schnecke unterwegs waren, ich glaube, wir waren einkaufen. Auf jeden Fall war es eine Fußgängerzone mit vielen Geschäften, große und bekannte Markennamen dabei, die auch gerne Kinderzonen einrichten und spezielle Bereiche für Familien zum Füttern, Wickeln oder kurz ausruhen. Genau dort dachte ich, kann es nicht falsch sein, zu fragen. Also schnappe ich meine damals etwa 2-jährige Tochter, Frau L. am Laufrad neben mir, husche in die Kinderabteilung und stelle – etwas abgehetzt – die Frage aller Fragen in dieser Situation: „Entschuldigen Sie, meine Tochter müsste dringend aufs Klo. Dürften wir wohl bitte Ihre Toilette benutzen?“

Daraufhin blickten mich zwei völlig entsetzte Augen der Verkäuferin an, ich merkte, wie sie mich von oben bis unten musterte. Was mein Kleidungsstil oder mein Aussehen mit meiner Frage zu tun haben ist mir bis heute nicht klar. Aber vielleicht hätte ein anderes Styling dazu geführt, dass meiner Tochter der Zutritt zur Toilette nicht verweigert geworden wäre. Wahrscheinlich ähnelte ich der top gestylten Mutter mit dem überglücklichen Lächeln auf dem Gesicht aus der Werbung keine Sekunde. Aber das nächste Mal schicke ich gerne sie mit zwei mobilen Kleinkindern einkaufen. Dann werden ihr perfektes Makeup und ihre perfekte Frisur nicht mehr sitzen und die High Heels wird sie gegen bequeme Sneaker eingetauscht haben.

Die Höhe war aber: Ich wurde dann sogar unverzüglich gebeten, das Geschäft zu verlassen. Hier komme man zum Einkaufen hin und nicht, um mit seinem Kind die Toilette aufzusuchen. Etwas verdattert gab ich ihr zu verstehen, dass es sich um ein 2-jähriges Kind handelt das mal muss und wiederholte meine Bitte, sie aufs Klo zu lassen, sie hat keine Windel mehr. Da bat sie mich mit den Worten „Bitte verlassen Sie nun das Geschäft“ hinaus. Und mit mir auch meine Kinder. Meine Tochter hielt ich dann noch rechtzeitig über dem nächsten Kanaldeckel ab, dabei schrie sie laut: „Ich Klo will!“ Danke dafür. Sie war noch nie eine „Freiluftgackerin“.

Wir hatten hier wahrscheinlich nur Pech oder einen schlechten Tag der Verkäuferin erwischt. Doch eine sehr knappe Zeitspanne vom Bedürfnis bis zum Nass-Sein ließ auch mir keinen Handlungsspielraum nach dem Befinden der Verkäuferin zu fragen, um dann doch noch die Toilette aufsuchen zu dürfen. In anderen Filialen durfte ich bereits die Toilette nach nettem Nachfragen benutzen, sogar ich in der Schwangerschaft. Nur in dieser Filiale nicht.

Doch diese komische Situation ließ Fragen in meinem Kopf auftauchen:

  • Erwarte ich mir zu viel von meinen Mitmenschen?
  • Ist es von uns Eltern wirklich nur frech und unverschämt, nachzufragen, wenn es keine ausgewiesene Kundentoilette gibt?
  • Hatte die Verkäuferin nur einen schlechten Tag?
  • Oder ist es fordernd und überheblich, dass wir Eltern immer und überall erwarten, dass unsere Kinder willkommen sind?
  • Ist unsere Gesellschaft so kinderfeindlich, dass es selbst zu viel verlangt ist, dass ein Kind die Toilette benutzen darf um einem normalen menschlichen Bedürfnis statt auf der Straße an dem dafür vorgesehenen Ort nachzukommen?

Wir Eltern machen das nicht mit Absicht, wir wollen nur unserem Kind das Gefühl geben, es zu schaffen. Da spornt man es an, freut sich über jedes Erfolgserlebnis und dann so ein Rückschlag. Nichts ist erniedrigender für ein Kind, als dann mit einer nassen Hose dazustehen, nur weil es nicht rechtzeitig auf die Toilette kam. Diese Tränen zu trocknen sind schlimmer als das Aufwischen der Pfütze.

Ist dir das auch schon einmal passiert?

Deine Anna

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