Inhaltsverzeichnis
Mein Vorgeburts-Ich war ja eines, das den Satz „Das verstehst du erst, wenn du selbst Kinder hast“ wirklich hasste. Waren es nun Freunde oder meine eigene Mutter, die mir mit diesem Satz ihre Weisheit über einen Lebensabschnitt, der mir noch bevorstand, demonstrierten. Ich konnte ihn nicht mehr hören und dachte immer „Jaja“.
Heute sage ich: Sie hatten damit recht. Zumindest in Ansätzen. Ob es um den Schlafdefizit geht, der frisch gebackene Eltern in den ersten Tagen/Wochen/Monaten/Jahren begleitet, ob es um schmerzende Brustwarzen geht oder die Angst um das eigene Kind. Manches, ja manches versteht man wirklich erst, wenn man es erlebt hat. Das ist wie bei der Geburt: Du kannst es nicht beschreiben, aber du weißt noch genau, wie es ist.
Höre auf deine Mutter!
Was ich euch jetzt erzähle gehört eindeutig in die Kategorie jener Dinge, auf die ich beim Eltern-Sein nicht vorbereitet war. Zugegeben, ich hätte mich darauf vorbereiten können und einen entsprechenden Kurs besuchen, hätte ich den Ratschlag meiner Mutter befolgt, die meinte „Du wirst schon sehen….“. Aber wie es mit Mutter-Tochter-Beziehungen ja oft ist, meint die Tochter es besser zu wissen – Fehlanzeige. Wieder eine der Situationen in denen es nicht geschadet hätte, auf meine Mutter zu hören.
Das war so wie damals mit meinem Inlineskaterunfall. Sie hatte mich davor gewarnt, mich am Rad der Freundin anzuhalten, während sie über einen Feldweg fuhr und mich mit den Inlineskatern nachzog. Ich in meiner Sturm und Drang-Phase wusste es (vermeintlich) natürlich besser und gab nicht viel auf ihren Rat. Der Preis dafür: Offene Schienbeine und wenig Mitgefühl. Man merkt bei manchen Entscheidungen eben erst dass sie falsch sind, wenn man sie selbst erlebt. Das gilt auch für Ex-Freunde, Glockenhosen oder Plateauschuhe.
Ungeahnte Herausforderungen für Schulkind-Eltern
Sobald Kinder in die Schule kommen, stehen Eltern vor einer großen Herausforderung – zugegeben, für mich etwas überraschend, weil ich irgendwie angenommen hätte, in den letzten gut 25 Jahren hätte sie am Schulbuchmarkt etwas revolutioniert. Dass es die Schulbücher noch nicht als E-Books gibt war mir klar, aber es hätte doch sein können, dass in den letzten Jahren ein Material erfunden wurde, dass Bücher ohne zusätzliche Folie vor Eselsohren & Co. schützt. Oder dass Bücher gleich bei der Herstellung foliert werden und fix fertig an die SchülerInnen ausgeteilt werden, um den Eltern die ohnehin zwischen Familie und Job unter Zeitmangel leiden, dieses nervige Einpacken zu ersparen. Immerhin bauen wir Möbel aus Paletten, entwickeln immer besser wasserabweisende Materialien und neue 3D-Brillen– da sollte es doch auch für dieses Problem eine Lösung geben.
Denkste. Die Elternfolter bleibt.
Ich habe auch gleich das Vergnügen mit zwei Schulkinder – Schulbücher einbinden. Entweder bin ich besonders talentbefreit oder meine Supertalente verstecken sich in anderen Bereichen. Auf jeden Fall bin ich der Ansicht, ähnlich wie bei der Hochzeit, der Geburt oder bei einem Todesfall sollte es einen im Kollektivvertrag geregelten Sonderurlaub für das Bucheinbinden geben, denn genau diese Zeit brauche ich ungefähr dazu: Einen Tag. Schneiden, klebe, fluchen. Schneiden, kleben, fluchen. Es neu versuchen. Die Folie nochmals lösen. Vom Buch, von meinen Unterarmen, dem Tisch und meinem Hintern. Laut schreien und den Nachbarn dann versichern, dass alles gut ist. Danke der Nachfrage. Schneiden, kleben, fluchen. Den Tag verfluchen, an dem diese Folie erfunden wurde. Resignation. Ich gebe auf. Vorschieben, dass das Schulkind die Bücher selbst eingebunden hat. Einen Termin beim Masseur ausmachen, weil durch die schlechte Haltung nun alles weh tut und sich meine Muskeln auf ein Minimum verkürzt haben. Ins Bett fallen.
Die Buchbindefolie und ich – wir werden keine Freunde
Aber es geht ja noch weiter. Die Folter ist noch nicht vorbei. Das war erst der Anfang.
Habe ich es dann nach einem Nachmittag geschafft alle Bücher mit einer Folie zu versehen, dann geht es noch ans Beschriften. Und wir reden hier nicht von perfekt, glatt eingepackten Büchern, sondern ich gebe mich mit 70% auch in Ordnung. Ach, was übertreibe ich: 50% Perfektion tun es auch. Eingepackt ist eingepackt. Meine Qualitäten beim Büchereinbinden werden (hoffentlich) nicht in die Beurteilung meiner Kinder einfließen. (Oder?) Aber kommen wir zum Beschriften: Bücher und Hefte.
Vorname Nachname Vorname Nachname Vorname Nachname
Vorname Nachname Vorname Nachname Vorname Nachname
achja und : Vorname Nachname Vorname Nachname Vorname Nachname
Wie viele Bücher und Hefte kann ein Schulkind in der Volksschule eigentlich haben frage ich mich. Und grenzt es nicht schon an Körperverletzung, wenn sie so viele Hefte und Bücher beinahe täglich hin- und hertragen müssen? Es ist ja ein Wahnsinn, wenn so kleine Kinder mit 16-22kg (Durchschnitt eines Volksschulkindes in der ersten Klasse je nach Statur), beinahe 1/3 ihres Körpergewichts täglich schleppen müssen? Das sind Kinder, keine Ameisen. Rückenschonend ist anders. Da erklärt sich die Empfehlung, ein möglichst leichtes Modell mit wenig Eigengewicht zu kaufen, von selbst.
Nächstes Jahr weiß ich, was ICH mir zum Schulbeginn wünsche: Ein Etikettiergerät.
Ha, liebe Lehrer: 1:0.
Jetzt muss ich nur noch ein Gerät erfinden, dass die Bücher automatisch foliert. Aber dazu habe ich nun ein Jahr Zeit. Und wenn ich das nicht schaffe, dann nehme ich mir vor, dass es im Mutter-Kind-Pass eine Empfehlung zum Buchbinden geben soll. Gleich nach dem Erste-Hilfe-Kurs für Kinderunfälle.
Und wie verlief bei euch der Schulbeginn? Lasst es mich wissen. Und raubt mir bitte nicht die Illusion von einem ungeahnten Reichtum im nächsten Jahr, weil es so ein Foliergerät für Schulbücher schon gibt 🙂
Eure Anna