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Es gibt keinen Beweis, dass Hausaufgaben die schulische Leistung eines Primarschülers verbessern. (Harris Cooper)
Das leidige Thema Hausübungen – viele Eltern werden wissen, wovon ich rede. Hausübungen sind bei uns das Streitthema Nr.1. Kaum fällt das Wort, sehen Kinder (und Eltern) rot. Hausübungen nerven.
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Mich auf jeden Fall. Und meine Kinder auch. Für sie ist es ein notwendiges Übel, das sie mit derselben Begeisterung erledigen. Wobei: Es ist nicht so, dass sie dafür stundenlang brauchen würden, wenn sie sich nur konzentrieren täten. Hätte, hätte, Fahrradkette. Es ist eher so, dass sie sich nicht mehr konzentrieren können, weil ihre kleinen Köpfe voll sind nach einem langen Tag in der Schule. Dann fliegt schon mal der Stift quer durch die Küche, es fließen Tränen bei uns allen.
Als Mutter empfinde ich Hausaufgaben als einen Eingriff in die Freizeit meiner Kinder. Da leisten diese jungen Menschen ohnehin schon einen Full-Time-Job und sollen dann noch die Nachmittage mit rauchenden Köpfen über ihren Heften verbringen? Nein. Meiner Meinung nach sollen sie spielen, toben, draußen sein, Langeweile haben oder was auch immer ihnen Spaß macht. Aber nicht noch lernen. Immerhin regen wir uns als Erwachsene auf, wenn der Chef verlangt, am Wochenende noch eine extra Schicht einzuschieben – aber von unseren Kindern erwarten wir es? Freuen wir uns nach einem langen Tag nicht auch über einen wohlverdienten Feierabend? Eben. Unsere Kinder auch. Ich finde Hausübungen in der Volksschule total unangebracht. Dass ich mit dieser Meinung nicht alleine bin, weiß ich spätestens nach dem Buch von Harris Cooper mit dem Titel „The Battle over Homework“. Er kommt nach 25 Jahren Forschung im Bereich „Hausaufgaben“ zu der Überzeugung, dass zwar Schüler ab der achten Klasse von Hausübungen profitieren, Volksschüler aber keinerlei Vorteile daraus ziehen. Im Gegenteil: Hausaufgaben schaden ihnen sogar.
Harris Cooper ist ja der Hausaufgaben-Guru schlechthin. Seine Fakten und Forschungsergebnisse sind natürlich stichfester als meine Begründungen als Mutter. Also schauen wir uns einmal die Ergebnisse an, warum Hausaufgaben unseren Kindern sogar schaden. Dass die Studien nicht repräsentativ wären, möchte ich als Argument gleich entkräften, weil Cooper hat 120 Studien von 1987 und 60 Studien von 2003. Keine dieser 180 Studien zeigt einen Vorteil oder Nutzen von Hausaufgaben.
Buchtipp: The Battle Over Homework
Aus diesen Gründen schaden Hausaufgaben unseren Kindern
Kinder werden neugierig geboren. Sie sind wissbegierig, sie wollen die Welt entdecken, sie erkunden sie, stellen Fragen und vertiefen sich in Themen, für die sie gerade brennen. Und dann kommt die Schule, die mit ihren Hausaufgaben vollkommen die Wirkung verfehlt und dazu führt, dass den Kindern die Freude am Lernen vergeht.
- Hausaufgaben verändern die Einstellung zur Schule: Alles, was mit Widerwillen und Zwang verbunden ist, erzeugt eine negative Einstellung. Dabei sollte Lernen doch Spaß machen!
- Hausaufgaben verschlechtern die Eltern-Kind-Beziehung: Durch die ständige Fragerei „Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?“ entsteht eine Distanz zwischen Eltern und Kindern, die langfristige Folgen haben kann. Die daraus entstehenden Kämpfe verschlechtern das Familienklima. Wir liegen uns so oft deswegen in den Haaren, dass ich lieber selbst zum Stift greife, als noch eine Diskussion darüber auszutragen.
- Hausaufgaben vermitteln keine Verantwortung: Immer wieder wird als Argument vorgebracht, dass Kinder durch Hausaufgaben Eigenverantwortung und Disziplin lernen sollen. Ein Blick in die Hirnforschung zeigt aber, dass genau diese Art von Verantwortung im Volksschulalter noch nicht erlernt werden kann, weil die Gehirne noch nicht so gepolt sind.
- Weniger Zeit zum Kind sein: Kinder sollen träumen dürfen, sie sollen Freude haben, lachen, in der Natur unterwegs sein, Freunde treffen, am Bach spielen, Streiche aushecken – was auch immer. Sie sind keine kleinen Erwachsenen. Hausaufgaben rauben ihnen die Zeit zum Kind sein.
- Keine Erholung für Kinder: Wer nach 5 bis 6 Stunden Schule noch 1 bis 2 Stunden mit den Hausaufgaben verbringt, bekommt nicht genügend Zeit zur Erholung. Oft bedeutet es dann, dass Volksschulkinder weniger schlafen als sie bräuchten, damit sie noch ein wenig Freizeit haben.
Erich Kästner sagte: Der Mensch soll lernen, nur die Ochsen büffeln
Eltern und Lehrer können aber jenseits von Hausübungen vieles tun, was Kinder in ihrem Lernprozess unterstützt und sie begleitet:
- Bücher lesen: Statt aus Zwang zu lesen kann es viel mehr Spaß machen, selbst in einem Buch zu lesen, das einen interessiert. Es ist ja eigentlich auch egal, was gelesen wird, oder?
- Verantwortung erfahren: Indem Kinder in die Haushaltstätigkeiten miteinbezogen werden und etwa den Geschirrspüler ausräumen, den Müll rausbringen oder ihr Bett machen, lernen sie Verantwortung und erfahren, dass sie Teil eines Ganzen sind, zu dem jeder etwas beitragen sollte.
- Lernen hört nie auf: Lernen ist nichts, was auf die Schule beschränkt ist. Wir lernen immer und überall und es hört nicht mit der Matura auf. Lernen ist mehr als nur Fakten können oder Malreihen aufsagen.
- Lernen mit allen Sinnen: Ausflüge, die das Kind interessieren, sind ideal für neue Lernerfahrungen – davon nimmt das Kind viel mehr mit als vom Ausfüllen einfacher Zettel. Wissen sollte erfahren werden.
Danke, liebe Mutti
Du kannst das Schulsystem nicht ändern. Es ist, wie es ist. Du kannst mit den Lehrern Gespräche führen und dich hinter dein Kind stellen, wenn es seine Hausaufgaben nicht machen möchte. Lass den Konflikt nicht zu eurem Thema werden und zwischen euch stehen. Und: Wenn es dir einmal reicht, dann kreise du eben die Verben in blau ein und lass dein Kind spielen gehen. Es wird trotzdem etwas aus ihm werden.