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Für alle Eltern, die dem Spaß gerne hinterherjagen und am Wochenende große Ganztags-Familienausflüge planen, habe ich einen guten Rat: Lasst es sein. Auch kleinere Ausflüge bereichern das Familienleben, versprochen! Zwar sind wir gerne unterwegs und wir werden auch demnächst von einem Familienausflug berichten, der absolut top war und uns allen unglaublichen Spaß machte. Ja, es gibt diese Familienausflüge auch und diese mögen wir sehr. Aber bei diesem Mal war der Wurm drin.
Unterm Strich waren die ganze Vorbereitung, die Anfahrt, die Wartezeit in den Warteschlangen, die fehlende Nickerchen-Möglichkeit und die Heimfahrt mit übermüdeten und quengelnden Kindern den ganzen Aufwand nicht wert.
Akt 1: Die Anreise oder warum meine Kinder zum Exorzist werden
Früher habe ich einfach die Wohnung verlassen. Heute brauche ich dafür gut eine Stunde, denn schließlich wollen Jausenbrote geschmiert werden, verlorene Socken gesucht aber nicht gefunden und kleine Dramen geschlichtet werden. Eine Stunde lang schreien, brüllen und stöhnen wir also herum, bis wir endlich beim Auto angelangt sind und die Kinder in den Kindersitzen verstauen. Wenn du nun glaubst wir könnten losfahren, irrst du dich. Denn wo sind wohl die Spielsachen für die Autofahrt, die nun plötzlich ganz ganz ganz dringend benötigt werden, um dann nach drei Minuten Spielzeit auf dem Boden zu landen?
Wir sind noch nicht einmal aus der Garage draußen, geht es schon los:
„ Mama, Frau L. hat mich gehaut!“
„Mama, Minimi gibt mir mein Buch nicht zurück!“
„Papa, Frau Schnecke ist so gemein zu mir!“
Ich versichere mich, dass ich sie tatsächlich gut angeschnallt habe und versuche die nervige Heulstimme (jedes Kind hat übrigens seine eigene) zu überhören. Frau L. hat so eine Art Fliegensummen, das nur von theatralischen Schluchzern unterbrochen wird, Frau Schnecke hört sich so an, als würde die Welt gleich untergehen und Minimi spielt wohl eine Szene aus dem Exorzist nach, denn anders kann ich mir das nicht erklären. Ich drehe mich also nach hinten und schreie: „Hört auf! Ihr wisst, im Auto ist es ruhig, damit Papa sich konzentrieren kann!“ Und Papa bekräftigt: „Genau, hört auf Mama!“.
Vielleicht wäre es ökologischer und unserem slow-parenting-Erziehungsansatz dienlicher, künftig auf Autofahrten zu verzichten und Ausflüge auf einen Umkreis von etwa 2 km zu beschränken. Gehweite also. Wäre ökologischer, umweltbewusster und vor allem eines: nervenschonender. Insgeheim fragen wir uns auch, wie das dann wohl im Sommer werden wird, wenn wir eine Anfahrt von knappen 6 Stunden für unseren Sommerurlaub vor uns haben.
Akt 2: Langeweile beim Schlangestehen
Wir kommen also am gewünschten Ort an, fertig mit den Nerven. Jetzt schon. Ich musste an eine Zeit vor den Kindern denken, als wir ein Elternpaar mit Kleinkind um etwa 10.30 Uhr im Supermarkt trafen. Der Vater brüllte sein Kind damals an: „Es reicht mir heute schon mit dir!“ Damals dachte ich: Was? Wie kann er denn so etwas zu seinem Kind sagen? Also so werde ich nie.
Ich habe es getoppt, es ist gerade mal 09:30 Uhr und ich verspüre das starke Bedürfnis nach Ruhe. Ich hatte einfach schon genug. Stattdessen liegt vor uns ein angeblicher unvergesslicher Tag voller Spaß und guter Laune. Na ich bin gespannt. Wenn ich die anderen Familien so ansehe, die auch ankommen, dann weiß ich eines: Nicht nur wir hatten eine anstrengende Anreise.
Würde im Angebot nun eine Kinderbetreuung ganztags inkludiert sein mit dem Versprechen, dass die Kinder gerade so müde sind um im Auto ruhig zu sein, aber noch nicht einzuschlafen, ich hätte es gewählt. Aber nein, es geht ja um Familienzeit, quality time oder: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Also rein ins „Vergnügen“, das auch gleich einmal mit Schlangestehen beginnt. Die Paradedisziplin eines jeden Kindes: Sich gedulden und warten, bis man dran ist. Ein unausgesprochener Wettkampf unter den Eltern entsteht, welches Kind sich wohl besser benehmen würde und so fallen die Worte „Nein“ und „Gleich“ sehr häufig. Zu häufig für meinen Geschmack und für einen Tag, der doch eigentlich was versprechen soll? Spaß! „Nein“ macht uns keinen Spaß. Es ist irgendwie seltsam: Man wartet zusammen mit so vielen Familien in einer Schlange, aber spricht dennoch kein Wort miteinander.
Das Mittagessen war im Sinne der Kinder: Paniert und ungesund – wenn man mich fragt: Überteuert und geschmacksneutral. Es ist gerade mal 13 Uhr und ich frage mich, wo denn die Nickerchen-Station für Eltern ist. Wo können wir uns mal kurz ausruhen? Die Kinder sind währenddessen auf 180 und wollen nochmal, nochmal. Irgendwann, so gegen 17 Uhr (meine Zeitrechnung ist dahin) machen wir uns geschlaucht, überflutet von Eindrücken und Reizen in Richtung Ausgang, wo wir die Kinder noch mit zugehaltenen Augen durch den Souvenirladen bugsieren müssen. Ohne Erfolg, sie entlarven unsere Strategie und die Diskussionen sind eröffnet.
Ring frei für die Auseinandersetzung, dem Wunsch der Kinder nachzugeben oder riskieren, sie grantig im Auto sitzen zu haben. Wir bleiben dabei und gehen zum Auto. Die Kinder maßlos enttäuscht und natürlich war es ein blöder Tag. Sie weinen, schreien herum, sind trotzig. Wir nehmen es gelassen, sie sind müde, fertig und erschöpft. Der durch Junkfood entstandene Zuckerschock lässt langsam nach. Die Drohung, wenn sie sich im Auto weiterhin so benehmen, werden wir sie nicht mitnehmen zeigt keine Wirkung. Wir stellten uns auf eine mühsame Autofahrt ein. Doch es kam schlimmer:
Um 17.30 Uhr schlafen die Kinder friedlich im Auto. Eltern wissen, was das heißt.
Akt 3: Geschlafen wird, wo man gerade liegt
Die Heimfahrt dauert 45 Minuten. Bis wir zu Hause sind, sind die Kinder wieder putzmunter und überdreht. Während wir uns nach einer Dusche und einem Bett sehnen, hüpfen die Kinder übermütig am Sofa herum, spielen nachlaufen und denken nicht daran ins Bett zu gehen. Es wurde spät, sehr spät. Irgendwann schlief ich am Sofa ein, die Kinder waren noch wach und ich merkte nur, wie sich jemand zu mir kuschelte.
Als wir am nächsten Tag aufwachten, lagen wir alle noch in unserer Kleidung vom Vortag verteilt in der Wohnung: Das Sofa teilte ich mir mit einem Kind, das zweite lag daneben am Wohnzimmerteppich. Göttergatte hatte es mit Kind Nr. 3 immerhin noch ins Bett geschafft.
Immerhin wissen wir eines: Wir sind mit diesem Drama nicht alleine. Es geht anderen Eltern genauso, sie erleben dieselben Qualen. Dabei könnte unser Leben so viel einfacher sein und genau das werden wir die nächsten Wochen wieder beherzigen: zu Hause spielen, gemeinsam kochen, an unserem Hochbeet aus Paletten weiterbauen, Musik hören, Bücher lesen, einen Spielplatz besuchen, in die Natur fahren, mit anderen Familien verabreden, den Großeltern die Kinder überlassen oder die Wochenenden getrennt zu verbringen und so den Bedürfnissen eines jeden Kindes gerechter zu werden.