Hallo, wir stehen am Rande der Verzweiflung mit unserer Tochter. Alles begann so vor 5-6 Wochen. Mein Partner und ich sind derzeit beide zuhause. Unsere Tochter schläft seit einem Jahr, seit sie zwei Jahre ist, brav bin ihrem eigenen Zimmer und auch brav alleine in ihrem Bett. Bis sie vor ein paar Wochen vor Angst nicht schlafen hat können, muss immer wer bei ihr im Bett liegen, sonst gibt‘s Heulattacken. Wie können wir ihr das wieder ab gewöhnen, weil das keine Angst ist, sondern mittlerweile schon Gewohnheit?
Das nächste ist, dass sie sich nie mit irgendetwas beschäftigen kann, ein Spiel spielen wir nicht länger als 2 Minuten und es ist schon wieder uninteressant. Sie will nur Fernsehen oder mit dem Handy spielen, nur dann ist sie mal eine halbe Stunde beschäftigt. Zuhören tut sie auch nicht, dass ist wie wenn ich mit einer Wand rede.
Ich hoffe ihr sagt mir, dass sich das alles wieder legt wenn mein Partner und ich wieder arbeiten gehen und der Alltag einkehrt. Weil wenn ich arbeiten bin kommt sie nach dem Kindergarten zur Tagesmutter und zur Oma. Ich vermute dass es daran liegt weil wir beide zuhause sind und sie einfach alles austesten möchte mit ihren 3 Jahren?!
Liebe Grüße, Petra
Liebe Petra,
vielen Dank für deine Frage(n).
Zu Thema „Angst in der Dunkelheit“ haben wir erst vor kurzem einen Artikel veröffentlicht, der auch zu euch passen könnte. Lies hier vielleicht einmal hinein: Kind, 6 Jahre, hat Angst im eigenen Zimmer zu schlafen.
Auch empfehlen kann ich dir Kinderängste: Angst in der Kindheit.
Bei Kindern verschwimmen Angst und Realität miteinander. Dass deine Tochter dich nachts bei sich haben möchte und lieber mit dir gemeinsam in einem Bett schläft als alleine, ist evolutionsbedingt ein natürliches Verhalten. Auch, wenn es schon einmal anders war und sie alleine geschlafen hat. Das ist toll und ein großer Schritt, den sie hier gemacht hat. Doch das Schlafverhalten ändert sich in den ersten Jahren so oft, dass es auch in drei Wochen oder 4 Monaten schon wieder ganz anders aussehen kann. Sie ist noch so jung, ich würde ihr die Nähe und Sicherheit geben, die sie nachts braucht, um dann gestärkt zu sein. Du darfst nicht vergessen, dass Phantasie und Realität bei Kindern verschwimmen – Erlebnisse des Tages verarbeiten sie nachts, dazu kommt die Dunkelheit, die Spielsachen und ihr Zimmer ganz anders ausschauen lassen und die dumpfen Geräusche vom Wohnzimmer können nicht genau zugeordnet werden. Das macht einem Kind Angst, große Angst sogar. Sie braucht dann dich, um sich sicher zu fühlen und gut in den Schlaf begleitet zu werden.
Zum Thema „sich selbst beschäftigen“: Ich kenne eure Situation nicht und weiß natürlich nicht, wie euer Alltag gestaltet ist, wie viele Spielsachen sie hat. Was natürlich sein kann ist, dass sie zu viel Angebot hat und es dir deshalb schwer fällt, sich zu konzentrieren oder sich in einer Sache zu verlieren. Dabei geht es weniger um die Zeitdauer, sondern um die Fähigkeit, dass sie es kann. Vielleicht tut es ihr gut, wenn ihr die Spielanzahl reduziert und euch auf Spielsachen konzentriert, die kein fertiges Spiel vorgeben, sondern Kreativität und Phantasie fördern. Das können ganz einfache Holzbausteine sein, eine Kugelbahn zum Bauen. Vielleicht kannst du sie auch in Aktivitäten im Alltag miteinbeziehen, denn genau das wollen Kinder: Mit uns gemeinsam sein. Sie wollen nicht den ganzen Tag alleine im Zimmer spielen, während wir kochen, den Haushalt erledigen, die Wäsche waschen, etc. Sie wollen mitmachen, sich selbstwirksam erleben und dann sind sie auch zufrieden. Überlege mal, bei welchen Aktivitäten du deine Tochter einbinden kannst. Ich habe selbst eine 3-jährige Tochter, die gerne Salate zubereitet: Gurken und Tomaten klein schneidet, oder auch Obst, Pilze, Smoothies kreiert. Sie putzt die Schuhe, saugt ihr Zimmer, hängt die Wäsche auf – natürlich alles langsamer und ohne Anspruch auf Perfektion, aber mit einem Lächeln im Gesicht.
Hier kann ich dir empfehlen, den Artikel Unsere liebsten Küchenhelfer für kleine Kinderhände.
Das Thema Handy bzw. Smartphone ist heikel: Klar, neue Medien gehören zu unserer Lebenswelt und Kinder lieben es, damit zu spielen. Warum? Weil sie uns auch hier nachmachen wollen. Es muss doch interessant sein, wenn Mama und Papa es den ganzen Tag in der Hand haben. Kinder brauchen jedoch unsere Anleitung, mit dem Handy bzw. Smartphone sinnvoll umzugehen. Keinesfalls sollte es ein Ersatz sein oder ein Medium zum „Ruhigstellen“. Mehr zum Thema „Neue Medien“ kannst du hier „Kinder brauchen uns analog und digital: Die bösen neuen Medien?“ nachlesen. Dazu passt auch: 13 Dinge, die Kinder brauchen, um sich frei zu entwickeln und Smart-Parenting oder das iBaby 2.0.
Man spricht bei Kindern im Alter von 5 Jahren von einer Konzentrationsdauer von max. 15 Minuten!
Ob sich die Situation wieder entspannt und legt, das kann ich dir nicht sagen. Familien durchleben unterschiedliche Phasen und deine Tochter ist mitten in der Autonomiephase, wo sie vor allem eines braucht: Empathische Eltern, die sich für sie Zeit nehmen, auf sie eingehen, sie liebevoll begleiten und sie ihre Selbstwirksamkeit erfahren lassen. Sie brauchen Klarheit und viel Liebe.
Zur Trotzphase kannst du hier nachlesen:
11 Tipps für den Umgang mit einem Trotzanfall, die mir geholfen haben
Wie erziehe ich meinen 3-jährigen Sohn richtig?
Wie viel Nein verträgt ein Kind?
Alles Liebe,
welovefamily