Lernschwächen/Lernprobleme – was sie sind und was nicht

Kinder leben bis zur Schule in der „Welt der Tassen“

Es ist egal, ob ein Henkel nach rechts oder links zeigt! Tasse ist Tasse! Dieses Bild haben Betz/Breuninger in ihrem Buch „Teufelskreis Lernstörung“ geprägt.

Bei den Buchstaben und Zahlen ist es jedoch durchaus wichtig, ob der Buchstabe nach rechts oder links zeigt, auf dem Kopf steht oder nicht. 

Das ist eine große Herausforderung für die Kinder. Was das Schlimme daran ist? Ab der Schulzeit zählt oft nur noch die Leistung! Macht es jetzt Fehler, wird das bewertet – zuerst mit weinenden Smileys und dann mit Noten. 

Nicht jedes Kind, das eingeschult wird, verfügt bereits über alle Voraussetzungen, die es für das Lernen benötigt

Remo Largo hat immer wieder darauf hingewiesen. Kinder können bereits mit 4 Jahren schulreif sein oder aber erst mit 10 Jahren. Ist ein Kind also erst mit 10 Jahren schulreif, dann hat es bis dahin bereits viele negative Erlebnisse gehabt und inzwischen vielleicht das Lernen hassen gelernt. 

Ursachen für Lernprobleme können sein

Entwicklungsverzögerungen bei der 

  • Orientierung, der Raumlage, 
  • bei der Sprache oder Sprachverarbeitung,
  • bei der optischen Wahrnehmung,
  • bei der akustischen Wahrnehmung,
  • bei der Serialität – der zeitlichen und räumlichen

Zuordnung von Einzelwahrnehmungen …

Konzentrationsprobleme sind meistens nicht das ursprüngliche Problem, sondern die Folge von etwas 

Immer wieder höre ich, dass Konzentrationsprobleme als die Ursache für Lernprobleme angesehen werden. Oft sind jedoch die Lernprobleme die Ursachen dafür. Ein Kind, das nicht gerne lernt, wird jede Ablenkung begrüßen, um sich nicht mit Mathe oder Rechtschreibung auseinandersetzen zu müssen. 

Weitere Ursachen für Konzentrationsprobleme:

  • Wenn die Kinder frustriert sind, keine Erfolgserlebnisse haben
  • Lärm in den Klassenräumen – besonders störend für das Kurzzeitgedächtnis sind die Stimmen im Hintergrund
  • Zu viel Fernsehkonsum, zu viel Zeit an der Spielkonsole und oder am PC
  • kein Frühstück, trinken zu wenig, zu wenig Schlaf
  • zu wenig Bewegung

Die Ursachen für die Lernprobleme (LRS/Rechenschwäche …) sind vielschichtig

  1. Vorurteile
  2. Glaubenssätze der Eltern (Ich kann das nicht, also kannst du das auch nicht.) Glaubenssätze der Lehrer (Du kannst das nicht. Du bist dafür zu dumm.)
  3. schlechte Ausbildung der Lehrer
  4. Lehrer mögen das Fach selber nicht (z.B. Mathe)
  5. schlechte Lehrbücher mit verwirrenden Inhalten (zu viele Rechenwege werden gleichzeitig angeboten, wenig Rechtschreibregeln …)
  6. zu schnelles Vorangehen, zu wenig Übung, zu wenig Wiederholungen
  7. Angst vor dem Fach/Blockaden
  8. fehlendes Selbstvertrauen
  9. schlechte Förderung
  10. zu frühe Einschulung/Entwicklungsverzögerungen
  11. zu viel Unterricht versäumt …

Was Lernschwächen nicht sind!

Das liegt mir besonders am Herzen! Leider gibt es immer noch sehr viel Unwissen, Halbwissen und auch viele Vorurteile, die den Betroffenen das Leben schwer machen. 

Vorurteile sind:

Eine Lese-Rechtschreibschwäche oder Rechenschwäche ist

  • eine Krankheit 
  • mangelnde Intelligenz
  • wird immer vererbt 
  • hat man ein Leben lang

Die Betroffenen

  • sind nicht faul,
  • sie wollen lernen,
  • müssen nicht noch mehr üben, denn sie üben bereits viel mehr

Die Schwierigkeiten

  • wachsen sich nicht von alleine aus. 

Ursachen sind nicht (das finde ich besonders schlimm)

  • der Eigensinn der Kinder oder schlechte Erziehung der Kinder.

Das sind sehr veraltete Ansichten!

Wie treten Lehrer den Eltern und Kindern gegenüber, wenn sie so etwas denken? Leider gibt es richtig veraltete Fortbildungen für Lehrer, in denen ihnen so etwas immer noch gelehrt wird. Die Auffassungen über die Kinder/Kindheit, unser Wissen über das Lernen, unser Gehirn hat sich in den letzten Jahrzehnten komplett verändert, ja erneuert. Es wird Zeit, dass das neue Wissen auch dort ankommt, wo es hingehört.

Die Grundschule ist kein Orakel für die Vorhersage der Zukunft der Schüler.  

Ich habe schon viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreut, 

  • die danach ihren Traumberuf ergreifen konnten
  • die danach das Abitur, die Lehre, das Studium geschafft haben

Ja, auch Erwachsene habe ich betreut – sie konnten ihre Schreibblockade überwinden, ihre LRS oder Rechenschwäche wesentlich verbessern oder gar überwinden. Kinder, die in der Schule Probleme haben, jedoch die richtige Hilfe und Unterstützung erhalten, können alles erreichen. 

Warum haben so viele Kinder Probleme in der Schule?

So, wie jedes Kind sich unterschiedlich entwickelt, lernt jedes Kind anders!

Nicht jede Lehrmethode ist für jedes Kind gleich gut!

Wenn das Schulkind Abwertungen erlebt, dann wird sein Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen zerstört. Diese Kinder stellen keine Fragen mehr, sie probieren nichts mehr, sie trauen sich nichts mehr. Und das Schlimmste – sie haben oft Angst. 

Die Folgen

sind Vermeidungsstrategien und Lernprotest.

Sie sind:

  • unkonzentriert
  • Hausaufgaben werden zur Zerreißprobe
  • verweigern das Lernen
  • sie werden zum Klassenclown, verhaltensauffällig oder das Gegenteil, das Kind fällt gar nicht auf, träumt viel, ist oft krank usw. usf.

Das Kind gibt sich schließlich auf und erwartet nur noch Misserfolge und denkt schließlich: „Ich bin dumm! Ich kann das nicht!“

Die Konflikte zwischen Schule und Eltern

Der Hauptkonflikt besteht in der Forderung:  „Gebt meinem Kind eine Chance!“

Alle Eltern möchten, dass ihr Kind so lernen darf, wie es das Beste für das Kind ist. 

Jedes Kind sollte in seinem Tempo lernen können, mit den Methoden, mit denen es gut lernen kann und nur an seinem eigenen Tempo gemessen werden. 

Was tun?

Oft haben die Betroffenen und auch die Lehrer zu wenig Wissen oder zu viel Halbwissen. 

Lehrern wir im Studium zu wenig über diese Problematik beigebracht. Das muss sich unbedingt ändern.

  • Erlässe/Nachteilsausgleich sind zu wenig bekannt. Sie bieten gute Möglichkeiten (in jedem Bundesland jedoch leider anders)
  • Unterschied beachten zwischen sonderpädagogischen Förderbedarf und Nachteilsausgleich für LRS und Rechenschwäche
  • Eltern mit ihren Ängsten und Sorgen ernst nehmen
  • Experten in die Schule holen (Lerntrainer, Logopäden, Ergotherapeuten …

Was hilft?

Kinder lernen das Rechnen, Schreiben oder Lesen, indem sie rechnen, schreiben und lesen!

Wenn Eltern merken, dass ihr Kind größere Probleme in Mathe oder Deutsch hat, dann sollten sie sich recht schnell Hilfe holen. Je länger sie warten, um so komplexer werden oft die Probleme, vor allem auch der Frust bei den Kindern. Nicht jeder kann sich außerschulische Hilfe leisten – dann fragen sie bitte in der Schule nach Schülern mit sehr guten Leistungen. Schüler sind untereinander oft sehr gute Erklärer. 

Beantragen Sie beim Jugendamt die Übernahme der Kosten.

Suchen Sie im Internet nach guten Videos. Es gibt inzwischen sehr gute Erklärvideos. Nehmen Sie ihr Kind dazu, denn es weiß am besten, welche Videos es versteht und welche nicht. 

Hier finden Sie mich: www.sabine-omarow.de

TEILEN