Plötzlich Kiga-Kind-Mama

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Was war ich naiv. Noch vor 2,5 Jahren schaute ich entspannt in die Zukunft und dachte: Ach, wenn er dann so groß ist, dann wird das mit dem Kindergarten kein Problem werden. Ich war ja auch sicher, dass er mit 6 Monaten durchschlafen würde und auch nicht mehr gestillt werden will. Auf das Abenteuer Baby war ich bestens in der Theorie vorbereitet – nur doof, dass mein Kind die ganzen Ratgeber nicht gelesen hat und bis heute ein treuer Stammgast im Familienbett ist und erst vor wenigen Wochen zum letzten Mal gestillt wurde. Seufz.

Worauf mich nichts und niemand vorbereitete:

Aus meinem Kind wird ein Kiga-Kind.

Am liebsten würde ich jetzt so Sätze sagen wie „Ach, wie schnell doch die Zeit vergeht“ oder „Sie werden ja so schnell groß“. Ich bin ein wenig überrumpelt, dass der Tag X nun schon greifbar nahe ist. Und unaufhörlich näher rückt. In den letzten Wochen entwickelte ich so etwas wie den Nestbautrieb 2.0: Ähnlich wie kurz vor seiner Geburt war ich auch jetzt darauf versessen, alles perfekt vorzubereiten. Ich durchstöberte seitenweise Shops und Testberichte nach den besten Kinderrucksäcken. Ich legte mir Pinterest-Pinwände für Gesunde-Jausen-Ideen-im-Bento-Box-Style zurecht. Außerdem bestellte ich mindestens vier verschiedene Jausenboxen und schickte alle wieder zurück und ging mit Sohn gemeinsam eine Trinkflasche einkaufen. Alles sollte perfekt sein. Und wie schon nach der Geburt interessiert dieses ganze Tamtam meinen Sohn genau null.

Immer wieder werde ich gefragt, ob er denn schon so weit ist und ob er sich schon freut auf den Kindergarten. Alle versichern ihm, dass es ganz toll wird. Wirst schon sehen, da findest du schnell neue Freunde, hast tolle Spielsachen und und und. Sie lügen ihm eiskalt ins Gesicht, denn zu Beginn bedeutet der Kindergarten eines: Eine Trennung. Und ich bin mir gar nicht sicher, wer sich da noch besser vorbereiten sollte.

Niemand fragt, wie es mir geht, ob ich schon so weit bin, ob ich mich schon trennen kann. Nein, irgendwie fühlt es sich komisch an, das eigene Kind plötzlich in anderen Armen zu sehen, die es trösten. Das ist ja nicht wie mit der Oma oder so. Zunächst sind es fremde Arme, in die sich mein Kind fallen lassen wird. Was muss das für ein Gefühl sein. Würde ich mich von jemand Fremden einfach umarmen und trösten lassen wollen? Ist das nicht sehr intim? Irgendwann wird eine Bindung entstehen und die noch fremde Pädagogin wird vertraut werden. Irgendwann werden es Arme sein, die mein Kind zu lieben gelernt hat. Hoffe ich. Ich wünsche mir für meinen Sohn, dass er in der lieben rothaarigen Betreuerin eine Bezugsperson findet, bei der er sich sicher und geborgen fühlt, wo er weiß, dass er sich fallen lassen kann.

So sehr mir dieser Gedanke ein wenig im Herzen weh tut, weiß ich, dass es so für ihn am besten ist. Wie schrecklich würde es sonst sein, den halben Tag mit jemanden zu verbringen, zu dem man keine Beziehung hat. Ich kann ja dann zu Hause trotzen, weinen, brüllen, nichtloslassen und das Essen auf den Boden werfen, um mir ein wenig Kind-Realität wieder nach Hause zu holen.

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