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Bereits junge Kinder haben heute Stress wie eine Stress-Studie 2015 herausgefunden hat. Die Gründe für einen hohen Stresslevel sind:
- Wenig Zeit ohne Aufgaben und Verpflichtungen
- Termindruck und zu volle Stundenpläne
- Erwartungen der Eltern erfüllen
Nicht automatisch sind Eltern an allem schuld: Doch ein an Erfolg und Leistungsdruck orientiert Erziehungsstil, der heute in vielen Köpfen verankert ist, trägt seinen Teil dazu bei. Sport, Musik, Schauspiel und Englisch – das Wissen, dass die Kindheit für das Lernen große Potentiale bereithält, lässt viele Eltern überehrgeizig werden. Zusätzlich müssen Kinder mit einer medialen Reizüberflutung zurechtkommen, die sich auf den Stresslevel auswirkt. Statt den Kindern Freiräume und Zeit für Langeweile einzuräumen, müssen junge Kinder einen großen Aufgabenberg erfüllen.
Zu viel Stress ist ungesund. Auch bei Kindern.
Ein stressiger Start ins Leben (und seine Folgen)
Bereits im Mutterleib wirkt sich der Stress der Mutter auf das Baby aus: Forscher aus Jena kommen zu dem Schluss, dass Babys, deren Mutter während der Schwangerschaft viel Stress haben, später ein höheres Risiko haben, an Depressionen oder anderen Krankheiten zu erkranken. Viele werdende Mütter stellen sich die Frage, ob ihre Gefühle zu ihrem Baby durchdringen und welche Folgen diese haben. Tatsächlich ist es so, dass Stress beim Baby ankommt, aber nicht 1:1. Enzyme in der Plazenta bieten dem Ungeborenen Baby Schutz vor zu viel Angst und Aufregung. Dennoch kommen etwa 10% des mütterlichen Cortisols beim Baby an. Die Forscher haben erkannt, dass pränataler Stress den Stresshormonspiegel dauerhaft anhebt und auch die Hirnreifung beschleunigt. Vor allem wirkt sich das auf die Entwicklung des Traumschlafes aus, der sich normalerweise erst im letzten Trimester der Schwangerschaft ausprägt. Zu viel Cortisol wirkt jedoch wie ein Schalter, der den Traumschlaf innerhalb weniger Tage aktiviert. Eine weitere Auswirkung hat der Stress auf die Schlafstadien: Tief- und REM-Schlaf wechseln einander in sehr kurzen Abständen ab – ein typisches Zeichen für Depressionen im späteren Leben. Wenn Ungeborene in der Schwangerschaft zu viel Stress abbekommen, dann betrachtet der Körper diesen Pegel als „normal“. Das Baby ist dann seit seiner Zeit im Mutterleib darauf ausgelegt, mehr Stresshormone auszuschütten.
Bei der Geburt sprechen Experten dann von einem fetalen Stress: Die Geburt ist nicht nur für die werdende Mutter sehr anstrengend, sondern auch für das Baby. Bei einigen Babys ist der Stresspegel dann so hoch, dass sie ihren Darminhalt ins Fruchtwasserausscheiden – erst ist das nicht recht schlimm. Nur wenn das Baby während der Geburt das verfärbte Fruchtwasser einatmet, kann es zu Komplikationen kommen. Veränderte Herztöne sind immer ein Hinweis auf fetalen Stress. So kann eine zu schnelle Geburt ebenso zu Stress führen wie eine sehr lange Entbindung.
Stress scheint ein ständiger Begleiter in unserem Leben zu sein – als Antriebsmotor um den Körper binnen kurzer Zeit zu Höchstleistungen zu bringen, ist Stress durchaus sinnvoll. Aber Stress hat auch negative Folgen.
Stress und „schreien lassen“
Beim Thema Schlafen greifen verunsicherte und völlig erschöpfte und genervte Eltern immer noch auf die Methode des kontrollierten „Schreien-lassens“ zurück. Eine Methode, die schon lange in der Kritik steht – und das auch berechtigt. Kein Baby schreit ohne Grund. Nicht immer ist der Grund ein körperliches Bedürfnis wie Hunger, Durst oder eine volle Windel – es kann auch ein emotionales Bedürfnis sein wie Sicherheit oder Nähe. Grundbedürfnisse, die ein Baby nun mal hat.
Die Angst vor dem Verwöhnen, dem Kind etwas anzutrainieren, das man dann nicht mehr wegbekommt und die völlige Erschöpfung der Eltern nach vielen schlaflosen Nächten führen dazu, dass Babys und Kleinkinder alleine in ihrem dunklen Zimmer liegen und schreien müssen. Bis sie vermeintlich einschlafen gelernt haben. Doch haben sie das wirklich?
Die Antwort ist ganz klar: Nein. Sie haben nur gelernt, dass niemand kommt. Und schliefen vor Erschöpfung ein. Verstehen, warum sie sonst so liebevolle, warme und weiche Mama untertags bei jedem Weinen springt, einen liebkost, hält und streichelt, dann plötzlich nicht mehr kommt wenn es dunkel ist, hat das Kind nicht. Und es hat auch nicht gelernt zu schlafen. Es wacht genauso auf, sucht Schutz und Sicherheit. Nur wird es nicht mehr weinen, denn es weiß, dass niemand kommt.
Nur wenige Eltern haben sich aber gefragt, was eigentlich im Körper ihres Babys passiert, wenn sie es schreien lassen. Für das Baby ist es nicht mehr oder weniger als Stress. Unglaublicher Stress. Wenn das Baby schreit, wird im Gehirn Cortisol (das Stresshormon) freigesetzt. Schreit das Kind lange alleine, kann es toxische Werte erreichen – der Cortisolwert erhöht sich dauerhaft, wenn das Kind mehrere Nächte hintereinander alleine gelassen wird. Dieses Schreien lassen kann die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen, Angststörungen und stressbedingte Erkrankungen hervorrufen und sogar Depressionen begünstigen. Aber noch etwas passiert: Das Kind hat Schmerzen. Durch das intensive Weinen und Schreien werden Schmerzschaltkreise im Gehirn aktiviert, die dazu führen, dass das Baby tatsächlich Schmerzen hat. Abgesehen von dem seelischen Schmerz und möglichen Traumata, die ausgelöst werden. Babys sind noch nicht in der Lage sich selbst zu beruhigen – sie brauchen Mitgefühl, Nähe und Trost. Der Vorteil: Durch die Zuwendung wird Oxytocin ausgeschüttet, das dabei hilft, das Cortisol abzubauen. Bleibt sich ein Baby aber selbst überlassen, kann es das Cortsiol nicht abbauen und das Kind bekommt nicht die Chance zu lernen, mit negativen Gefühlen umzugehen. Später sind das dann einmal vielleicht die Kinder, die sich bei jeder Kleinigkeit aufregen.
Stress: Was passiert im Körper?
Hat der Körper Stress, produziert er vermehrt Adrenalin und Noradrenalin, die sich über die Blutlaufbahnen im ganzen Körper ausweiten und u.a. zu einem beschleunigsten Herzschlag und erhöhter Aufmerksamkeit führen. Der Körper ist in Alarmbereitschaft – ein Muster, das für z.B. eine Flucht wichtig ist, damit er schnell Höchstleistungen vollbringen kann. Muskeln werden angespannt, der Atem wird schneller, feuchte Hände und ein trockener Mund gehören zu typischen Symptomen einer Stresssituation. Wenn auf den Stress eine Erholungsphase folgt, ist der Körper wieder im Gleichgewicht. Nur wenn nach einer Anspannung keine Entspannung entsteht, kommt es zu Stress-Symptomen.
Unser Körper verfügt über ein einfaches und geniales System, um mit Stress umzugehen. Mit kurzfristig auftretendem Stress sei wohlgemerkt. Längerfristig macht uns Stress krank. Bei einem Baby reicht schon „schreien lassen“ für einen langfristigen Stress aus. Die Liste der Auswirkungen von einem zu hohen Cortisolspiegel ist lang:
Auswirkungen auf das
- Zentrale Nervensystem: etwa Potenzierung von Angst, Grundspannung, leichte Erregbarkeit, Wachstum und Lernfähigkeit werden beeinträchtigt
- Immunologische Effekte: Das Kind ist häufiger krank
- Psychische Auswirkungen: Schlafprobleme, Lernprobleme, Angststörungen, Depressionen, Bindungsstörungen und Abhängigkeit können mögliche Folgen sein durch das fehlende Entgegenkommen der Eltern in einer Notsituation für das Kind
- Im Volksschulalter sind die häufigsten Stress-Symptome Schlafstörungen, Gereiztheit, Appetitlosigkeit und eine fehlende Kompetenz, mit Niederlagen und Rückschlägen umzugehen. Je jünger das Kind ist, desto körperlicher reagiert es auf den Stress: Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, vermehrte Ängstlichkeit, Anspannung, Aggressivität.
Stress: Was kann man nun dagegen tun?
Es gibt kein Patentrezept, was man gegen den Stress tun kann. Vermuten Eltern, dass ihr Kind gestresst ist, sollten sie zunächst die Ursachen erforschen. Durchaus auch selbstkritisch, denn manchmal sind zu hohe Erwartungen und zu viele Freizeitaktivitäten der Grund für einen zu hohen Stresspegel.
5 Tipps möchten wir dir aber mit auf den Weg geben. Egal wie alt dein Kind ist:
- Entschleunigung: Hat das Kind zu viele Termine? Besteht ein gutes Gleichgewicht zwischen Verpflichtungen und freier Zeit? Wenn nicht, dann den ein oder anderen Termin streichen.
- Umfeld: Gespräche mit den Pädagogen können helfen, die Ursache für den Stress zu finden und möglichen Symptomen wie Ängstlichkeit oder Aggressivität zu entgehen
- Strategien: Wie gehst du selbst mit Stress um? Kannst du deinem Kind Strategien zeigen, wie du Stress bewältigst?
- Ausreichend Ruhe und Rituale: Kinder brauchen Orientierung und Rituale bieten dafür einen geeigneten Rahmen.
- Entspannungstechniken: Vielleicht helfen deinem Kind Entspannungstechniken wie die richtige Bauchatmung, ätherische Öle, oder auch Elemente aus Yoga, um entspannen zu können.
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