Stille Treppe, Auszeit & Co.: Was diese Methoden mit unseren Kindern machen

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In jeder Familie gibt es Reibereien, Streitigkeiten und auch oft Situationen, die Eltern und Kinder an ihre Grenzen bringen. Manchmal scheint es, als würden unsere lieben Kleinen es nur darauf auslegen, uns auf die Palme zu bringen. Sie wissen, welche Knöpfe sie drücken müssen, unsere Kinder kennen uns so gut, dass sie uns unsere eigenen Grenzen immer wieder aufzeigen. Wenn alles reden, erklären, diskutieren und bitten nicht mehr hilft – ja was macht man dann? Viele Eltern greifen auf die Methode der „Auszeit“ bzw. „Stillen Treppe“ zurück. Kinder, die sich in den Augen der Erwachsenen unangemessen verhalten, werden an einen anderen Ort gebracht oder geschickt, an dem sie ihr Verhalten reflektieren und überdenken sollen.

Stille Treppe, Auszeit & Co.

„Wenn mein Kind wütend ist, dann geht es von selbst ins Zimmer“ – das ist etwas völlig anderes als die „Auszeit“ oder die „Stille Treppe“. Viele Kinder verspüren den Wunsch nach Ruhe, um seine Emotionen und Gefühle einordnen und verarbeiten zu können. Das ist in Ordnung, denn das Kind entscheidet sich von selbst, sich aus der Situation zu nehmen und sich die Zeit zu geben, die es braucht. Hingegen bei der Methode der „Stillen Treppe“ oder der „Auszeit“ sind es die Erwachsenen, die das Kind ins Zimmer schicken und ihm eine räumliche Trennung „befehlen“.

„Setz dich für zwei Minuten auf den Sessel“ oder „Geh in dein Zimmer und denk darüber nach, was du getan hast“ – es mag zwar modern sein, kleine Kinder mit einer „Auszeit“ zu bestrafen – dabei sind sich viele Eltern gar nicht bewusst, dass es sich dabei um eine Strafe handelt. Für sie ist es eine Möglichkeit dem Kind die Chance zu geben, sich zu beruhigen oder es aus der Situation zu nehmen, was im Zusammenhang mit Trotzanfällen gerne empfohlen wird. Das „aus der Situation nehmen“ meint aber keine verordnete Einzelhaft, sondern Ablenkung und Begleitung durch einen Erwachsenen.  Auch wenn die Auszeit ein möglicher Ausweg sein kann um eine angespannte oder schwierige Situation zu meistern, doch es ist eine sehr autoritäre Methode. Das Kind sitzt auf dem Sessel und basta.

Medien propagierten lange Zeit die „Auszeit“, den „Stillen Stuhl“ oder die „Stille Treppe“. (Supernanny Katia Saalfrank hat sich von dieser Methode schon längst distanziert). Ein Mittel, das vielleicht kurzfristig Wirkung zeigen wird und Erfolg verspricht. Über kurz oder lang wird das Kind resignieren und mit den Eltern kooperieren. Doch warum? Was steckt hinter dem Wundermittel? Was macht es mit unseren Kindern?

Folgen dieser Methoden

Diese einfachen „Rezepte“ haben immer eine Folge: Autorität und Konditionierung.

Das klappt auch schon bei Babys, die auch aus Selbstschutz aufhören zu weinen, wenn niemand mehr kommt. Ein Kind, das auf sein Zimmer geschickt wird, erlebt die Situation als eine Trennung von seinen Bezugspersonen. Je jünger ein Kind ist, desto weniger kann es sich dabei beruhigen, noch die Trennung verkraften. Zwar wird es vielleicht zu weinen aufhören und nach Außen ruhig erscheinen, aber innerlich kann es brodeln, es kann sich zurückgewiesen, gekränkt und gedemütigt fühlen. Wenn sich ein Kind noch nicht alleine beruhigen kann, dann werden seine Angst und seine Wut wachsen – Gehorsam aus Angst ist jedoch kein guter Weg für eine stabile Bindung und ein gutes Selbstwertgefühl. Junge Kinder können noch nicht einmal verstehen, warum ihr Verhalten nun gestraft wird – irgendwann werden sie sich ändern, um einer Bestrafung zu entgehen. Doch es bedeutet nicht, dass sie etwas gelernt haben. Ob ein Kind gehorsam ist oder nicht, funktioniert nicht über eine Anleitung, sondern über eine stabile Eltern-Kind-Bindung, über Liebe und Respekt. Bei der „Auszeit“ und der „Stillen Treppe“ u.ä. wird jedoch die Gefühlsebene herausgenommen, empathisches Mitgefühl abgeschaltet. Es teilt die Familie in richtig und falsch, in gut und böse und es bringt eine Machtausübung in die Familie, das mit einem respektvollen Miteinander nicht viel zu tun hat. Kinder werden dabei in ihrer Autonomie und Entwicklung eingeschränkt, sie werden gekränkt, fühlen sich klein.

  • Angst vor dem Verlassen werden wird geschürt
  • Kinder fühlen sich im Stich gelassen
  • Von Personen verlassen zu werden, an sie gebunden sind und von denen sie abhängig sind, löst starke Ängste aus
  • Verlassen zu werden löst Urängste aus
  • Auszeiten sind nicht mehr als Manipulationen
  • Auf körperlicher Ebene findet eine Erregung des sympathischen Nervensystems statt, das auch bei Flucht oder Kampf aktiv ist
  • Das Kind wird zwar ruhig, doch das hängt mit einer Funktion im Gehirn zusammen: Es schaltet die Wahrnehmung von Gefühlen ab  – das Kind spielt ruhig im Zimmer, die Eltern freuen sich. Wenn sie nur wüssten…..
  • Der erlebte Stress kann sich durch körperliche Erscheinungen ausdrücken: Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
  • Das Verlassen stellt die bedingungslose Liebe in Frage
  • Eine Auszeit ist ein gezielter Liebesentzug, der dem Kind signalisiert: Solange du dich so verhältst, will ich mit dir nichts zu tun haben
  • Das Kind wird sein Verhalten anpassen, aber nur, damit es nicht wieder bestraft wird. Es hat aber nicht gelernt, warum.
  • Kinder, die Auszeiten erfahren, entwickeln ein geringeres Selbstwertgefühl
  • Kinder wollen geliebt und anerkannt werden – deswegen funktioniert die Methode auch: Aus Angst, sie werden nicht mehr geliebt
  • Kinder empfinden Auszeiten als Ablehnung und Strafe
  • Am Ende fühlen sie sich gedemütigt, entmündigt, klein, zurückgewiesen und herabgesetzt

Kinder würden alles dafür tun, um von ihren Eltern geliebt zu werden – ihr Bindungsdrang ist so groß, dass sie gar nicht anders können. Sie tun alles dafür, um nicht mit Liebesentzug bestraft zu werden – doch da müssen wir uns fragen: Ist das die Art von Beziehung, die wir zu unseren Kindern wollen? Eine Beziehung, die auf Angst basiert?

Ohne Grenzen Grenzen lernen

Kinder brauchen Führung. Sie brauchen starke, bewusste, authentische und klare Eltern, an denen sie sich orientieren können.  Kinder brauchen: Stabilität und Gewissheit. Gewissheit, dass sie immer zu ihren Eltern kommen können und diese ihr Kind bedingungslos lieben, auch im größten Aufstand.

 

Tipp 1: Gehe mit deinem Kind in Beziehung: In eine echte Beziehung. Behandle dein Kind gleichwertig. Respektiere seine Gefühle und Bedürfnisse.

Tipp 2: Rituale: Gemeinsame Mahlzeiten, eine Geschichte beim Schlafengehen – was auch immer. Achte darauf, dass diese Rituale täglich stattfinden.

Tipp 3: Gemeinsame Zeit: Dreh das Handy ab und widme dich deinem Kind. Beobachte es beim Spielen und greife nicht ein!

Tipp 4: Gewaltfreie Kommunikation: Vermeide Bewertungen, sondern beschreibe nur, was du siehst: „Ich sehe, das ärgert dich gerade total. Das kann ich verstehen. Hast du eine Idee, was wir da machen können?“

Tipp 5: Nimm dein Kind ernst und höre ihm zu! Erst wenn du zuhörst wirst du verstehen, was dein Kind braucht.

Tipp 6: Nimm dein Kind fest in den Arm – gerade dann, wenn es schreit. Dein Kind braucht dich immer. Und in diesen Situationen besonders.

 

Sei froh, wenn sich dein Kind ausprobiert und wenn es schreit. Das ist zwar anstrengend, aber es zeigt eines: Es ist gesund. Denn würde mit ihm etwas nicht stimmen, dann würde es sich zurückziehen und verschlossen werden. Solange dein Kind tobt, kannst du dir sicher sein, dass alles gut ist. Dein Kind zeigt und fühlt seine Gefühle und es weiß, dass es bei dir sicher ist: Nichts kann eure Beziehung zerstören. Es hat Vertrauen, dass du es auffängst.

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