Es geht um das Thema Stillen: Eine Mutter wendet sich mit der Frage an den Kinderarzt, dass ihr 4 Monate altes Baby ständig gestillt werden möchte. Alle 2 Stunden. Und jedes Mal trinkt es kräftig. Die Mutter schreibt, dass das Baby nachts 7 Stunden durchschläft. Sie möchte nun wissen, ob ihre Milch vielleicht zu schnell verdaut wird, weil sie sich vegetarisch ernährt.
Darauf antwortet der Kinderarzt, dass der Nährstoffgehalt der Muttermilch nicht verändert sei aufgrund der vegetarischen Ernährung. Dass ihr Baby so oft gestillt werden möchte, hat andere Ursachen: Es liegt daran, dass das Baby keinen Trinkrhythmus hat. Die Situation sei für Mutter und Baby (??) belastend. Laut dem Kinderarzt möchten Babys am liebsten den ganzen Tag an der Brust verbringen. Trinken, Schlafen, Trinken. Schlafen – das Schlaraffenland also. Aber: Das geht natürlich nicht! Der Tipp: Die Mahlzeiten hinauszögern, durch Tee oder Herumtragen. Die Brust soll erst dann gegeben werden, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Ein schönes Beispiel, dass Kinderärzte eben nicht in allen Belangen rund um das Kind die Experten sind.
Von den gut gemeinten Ratschlägen
Und jetzt stell dir vor: Eine völlig übermüdete, genervte und ratlose Mutter sucht in ihrer Verzweiflung die erste Anlaufstelle auf, wenn es um Fragen rund ums Baby geht: Den Kinderarzt oder die Kinderärztin des Vertrauens. Vielleicht hat sie aus ihrem Umfeld schon mehrfach gehört, dass sie ihr Baby verwöhnt, dass es überhaupt nicht normal sei, dass ein Baby so viel trinkt und nun hat sie das Gefühl, alles falsch zu machen und ist verunsichert. Ein Gefühl, das viele Mütter kennen, weil sobald man Mutter wird, öffnet sich die Büchse der Pandora und man wird von gut gemeinten Ratschlägen nur so überhäuft. Am Ende kennt sie sich nicht mehr aus und geht mit dem Gefühl durch die Welt, versagt zu haben, nichts richtig zu machen.
Was sie sucht? Hilfe, einen Tipp, Bestätigung. Möglichst Objektiv. Die Krux daran ist: Kinderärzte sind Menschen, von denen wir glauben, dass sie aufgrund ihrer Doktortitel und ihres abgeschlossenen Studium kompetente Berater sind, wenn es um das Kind geht. Nicht nur bei Krankheiten, sondern auch bei Fragen rund um die Ernährung. So halten wir sie auch für Stillexperten.
Was wird diese Mutter nun tun? Dem Rat des Arztes folgen (er muss es ja wissen) und ihrem Kind einen Rhythmus „antrainieren“. Obwohl sie danach ja gar nicht gefragt hat, sondern ihre Frage schon mit dem ersten Satz beantwortet wurde: Der Nährstoffgehalt ändert sich nicht. Also eigentlich alles gut. Sie wird Wasser und/oder (gezuckerten) Tees verwenden, um die Trinkpausen in die Länge zu ziehen – wenn der Arzt das sagt, kann es ja nicht schlecht sein. Mutter und Kind werden gestresst sein – durch den unnötigen Druck, den sie sich machen. Die ganze Situation wird sich nicht nur auf die Eltern-Kind-Bindung auswirken, sondern auch auf die Milchbildung.
Was die Mutter eher tun sollte: Auf ihr Bauchgefühl hören und darauf vertrauen, dass sich das Baby holt, was es braucht. Alle 2 Stunden stillen ist keineswegs „abnormal“ und kein Grund, einen Rhtyhmus anzutrainieren.
Was man diesem Arzt sagen müsste (und auch vielen anderen, unter ihnen auch manchen Hebammen):
- Babys sollen und können nach Bedarf gestillt werden
- In den ersten 6 Monaten sollten Babys vollgestillt werden, Tag und Nacht
- Babys sollten nach Bedarf und nicht nach Uhrzeit gestillt werden
- Häufiges Anlegen ist für die Milchbildung unerlässlich
Eines hätte er als Kinderarzt jedoch wissen müssen: Bei Babys im ersten Lebensjahr kann Wasser große Schäden anfügen (Stichwort: Wasservergiftung). Vor allem in den Sommermonaten häufen sich die Wasservergiftungen, da Mütter statt öfters zu stillen Wasser anbieten. Die Babynieren sind den Wassermengen einfach noch nicht gewachsen. Größere Mengen an Wasser können sie noch nicht schnell genug verarbeiten und ausscheiden, sodass es zu einer hohen Verdünnung des Natriums im Blut kommt. Bleibt dieses Ungewicht länger bestehen, kann es zu schweren Symptomen kommen. Die meisten Babys holen sich, was sie brauchen – also bitte: Wenn es heiß ist, öfters anlegen!
Wir möchten natürlich nicht alle Ärzte in eine Schublade stecken. Kinderärzte sind keine Stillexperten – nicht per se. Ausnahmen gibt es natürlich immer. Aber es lohnt sich ein zweiter Blick, wenn es um das Thema Stillen geht.
Wer also Probleme beim Stillen hat oder verunsichert ist, sollte sich bitte an eine Stillberaterin wenden. Sie ist wirklich Expertin auf ihrem Gebiet und kennt sich aus.