Wenn wir Eltern werden beschäftigen wir uns mit vielen Themen rund um die Schwangerschaft und um die Geburt. Es ist für werdende Eltern auch selbstverständlich, sich um die Erstausstattung und die Einrichtung des Kinderzimmers zu kümmern.
Doch wer ist eigentlich dieses Kind, das da in eine Familie geboren wird? Welche Bedürfnisse bringt es mit und welche Fähigkeiten? Wie kommuniziert ein Neugeborenes mit seinen Eltern und wie teilt es deine Befindlichkeiten mit? Die Zeit nach der Geburt ist und bleibt unabhängig von allen Vorerfahrungen eine Zeit voller Überraschungen. Die Phase des sich aufeinander Einstellens, des Kennenlernens und Ankommens, das umfassende Wahrnehmen und verstehen lernen des Babys verläuft bei jedem Kind anders.
„Wenn wir ein Kind bekommen, kennen wir es nicht. Wir wissen nicht, wie dieses Kind liebt und wie es geliebt werden möchte.“ Jesper Juul
Mit jedem Kind, das in die Familie geboren wird, kommen nicht nur die Eltern neu an, sondern auch die Geschwister und das Baby selbst, das von der Welt noch nichts gesehen hat und für das alles neu und manchmal auch zu aufregend ist. Das Ankommen als Familie mit einem neuen Familienmitglied bedeutet, im Leben anzukommen, einen neuen Platz zu finden, sich neuen Bedürfnissen zu öffnen und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich jedes Familienmitglied wohl und geborgen fühlt.
Für mich fühlte es sich ein wenig so an wie ein Urlaub auf einer Insel ohne eine Uhr. Es war für einige Wochen eine andere Zeitzone und ein emotional unbekanntes Klima. Nichts, auch wirklich nichts, hätte mich auf diese Zeiten vorbereiten können. Man kann sie nicht proben und selbst wenn man sie schon erfahren hat, ist alles wieder neu. Für dein Baby ist es eine große Leistung, die es da vollbringt – deswegen ist es von großer Bedeutung, dass dein Baby für das Ankommen Zeit und Ruhe bekommt.
Geborgenheit, Nähe, Liebe, Körperkontakt – das braucht dein Baby, um sich wohl zu fühlen. Für dein Baby ist es wichtig, dass seine Bedürfnisse immer erfüllt werden und in den ersten Lebenswochen und Lebensmonaten möglichst zeitnah. Dein Baby kann und soll nicht warten. So kann sich langsam ein Dialog zwischen dir und deinem Baby entwickeln und du wirst erkennen, was dir dein Baby sagen möchte und welche Bedürfnisse es hat.
Für dein Neugeborenes fühlt sich das neue Leben genauso überwältigend an wie für dich. Es kommt aus der fast Schwerelosigkeit deines Bauches mit angenehmer Wärme, ständigen Geräuschen und wenig Lichtreizen. Es wird nahezu immer gewogen, spürt Körperkontakt und kennt kein Hungergefühl. Wenn wir dieses Bild im Hinterkopf mit uns tragen, dann finden wir darin schon die Antworten, was ein Baby braucht, um gut anzukommen. Es braucht jemanden, der ihm dabei hilft und es begleitet. Jemanden, der seine Bedürfnisse wahrnimmt und auf sie reagiert. So viel Platz, Licht, die süße warme Milch in seinem Mund, das Hungergefühl, die Verdauung, die fremden Geräusche oder die Stille sind für dein Baby neu und zugleich beängstigend.
Wie du deinem Baby helfen kannst in der Welt anzukommen
Es ist unsere Nähe, die unseren Babys Sicherheit vermittelt. Hautkontakt, Stillen, Massagen, achtsame Körperpflege sorgen dafür, dass das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet wird. Oxytocin hat gleich mehrere positive Eigenschaften für dein Baby. Es bringt Entspannung, es senkt das Cortisol, mildert Ängste und sorgt dafür, dass die Bindung zwischen Eltern und Kind gestärkt wird. Dein Baby braucht in den ersten Lebenswochen also eines: Möglichst viel Körperkontakt, damit es in einer für es fremden Welt in Ruhe ankommen kann.
Neben deiner Nähe und deine sanfte Begleitung braucht dein Baby noch etwas: Zeit. Ankommen geht nicht von heute auf morgen, sondern es braucht Tage und Wochen, manchmal auch Monate und Jahre. Jeden Tag wird dein Baby seine Augen ein wenig länger offen halten, sich mehr der Welt öffnen und mehr von der Umgebung aufnehmen, in die es geboren wurde. Jeden Tag erfährt es ein wenig mehr von seiner Welt und macht sich mit den Menschen und Dingen, die es umgeben, vertraut. Nach und nach kommt dein Baby an.
Du kannst dein Baby beim Ankommen unterstützen, indem du seine Umgebung weniger laut und weniger hell gestaltest und wenn du ihm die Zeit gibst, Schritt für Schritt in seinem Tempo anzukommen. Es braucht Zeit, einander kennenzulernen. Dein Baby zeigt dir den Weg.